Wo die Gondeln reines Gold tragen | Frankfurt

2021-11-18 03:16:04 By : Mr. Mension Machinery

In der winzigen Werkstatt von Michael Wönne und Christian Hell-Höflinger gibt es nichts von der Stange. Beide sind eigentlich im Ruhestand, aber das ist ihnen zu langweilig. Und weil sie nichts Besseres können, als mit Edelmetallen und Edelsteinen umzugehen, fertigen sie Unikate nach ihren Wünschen.

Sachsenhausen - Die Treppe am Ziegelhüttenplatz ist nicht die Spanische Treppe in Rom, aber auch hier gibt es Kleinode. Wo bis vor einem Jahr ein Fußpflegesalon war, sind ein Frankfurter und ein Kärntner im Ruhestand eingezogen. Die Goldschmiedewerkstatt, in der Michael Wönne und Christian Hell-Höflinger an Holzwerkbänken direkt am Schaufenster sitzen, ist einfach "Aurum" für "Gold" genannt. Tausende Zangen, Bohrer, Fräser, Feilen, Schleif- und Polieraufsätze und Pinzetten lassen auf den ersten Blick an eine Zahnarztpraxis denken, doch feinster Goldstaub rieselt auf die „Arbeitsbretthaut“ aus Rindsleder. „Früher wurde Schafleder verwendet, um die kleinen Partikel aufzufangen“, sagt Wönne und zieht sich die Lupe über die Augen.

Wönne ist Goldschmiedmeister, Gemmologe und Diamantexperte und war bis vor zwei Jahren 33 Jahre Ausbilder an einer der ältesten Goldschmiedeschulen Deutschlands, der Zeichenakademie Hanau. Hell-Höflinger machte sich nach seiner Meisterprüfung in Wien selbstständig, war Zunftmeister, Vorsitzender der Meisterprüfungskommission und gab Kurse in Edelsteinkunde und Zeichnen. „Dann wollte ich einen Tapetenwechsel und habe innerhalb von drei Wochen alles aufgegeben. Ich hatte in Österreich alles erreicht. Ich wollte Neues erleben“, sagt er im österreichischen Dialekt. In Ingolstadt war er Werkstattmeister bei einem Juwelier, und nach Ladenschluss kam er nach Frankfurt und arbeitete bei Bucherer bis zu seiner Pensionierung 2015. „Eine Woche später war ich in einem Atelier in der Wolfgangstraße, und als Michael in Hanau Station machte, Wir haben das gemacht, was wir schon lange geplant hatten. Das war, gemeinsam eine Goldschmiedewerkstatt zu eröffnen.“ Die Männer sitzen sich an ihren Werkbänken gegenüber. „Platinschmuck ist derzeit nicht sehr gefragt. Aber Weißgold. Es gibt ihn gar nicht. Es ist eine Gelbgoldlegierung mit dem weißen Farbstoff Palladium“, sagt Hell-Höflinger. Wönne blätterte in künstlerischen Zeichnungen. „Oft kommen Kunden, die einen Edelstein gekauft oder geerbt haben und sagen, wir sollten uns etwas einfallen lassen“, sagt er. "Dann zeichnen wir Entwürfe, damit sie sehen können, wie es aussehen kann." Auch die millimetergenauen Zeichnungen sind Kunstwerke für sich. Ringe, Armbänder und Halsketten, filigran, dezent oder breit und massiv. Kein Stück gleicht dem anderen.

Edle Champagnergläser mit feinen Goldblättern geschmückt und wie Blumen umschlungen, ein kleiner Schlüsselanhänger als echter Porsche in Silber mit goldenen Bremsscheiben oder ein 30 Millimeter großes Riesenrad aus Gold, auf dem winzige goldene Gondeln bequem schaukeln, ein breiter Silberring, der sieht aus wie ein Augenlid ein grüner Turmalin aus Gold, ein Fächerreif aus Gold mit schwarzer Emaille, der wie Vogelfedern aussieht, eine reifenförmige, schlanke Halskette mit integriertem Anhänger aus mundgeblasenen Glaskugeln mit goldenen Spitzen und blauen Saphiren in Gold gefasst, das wie eine Symbiose aus Moderne und Jugendstil wirkt. Diamanten, Perlen, Saphire, Mondsteine, Rubine, Amethyste in allen Farben und Formen als kleinste bunte Sterne oder als scheinbar frei schwebende Kunstwerke glitzern im Wettbewerb. Wönne strotzt vor Elan beim Erzählen, Hell-Höflinger spricht langsamer mit der typisch österreichischen Demütigung. Mit ihrer Kreativität und Handwerkskunst sind sie die perfekten Partner. „Gemeinsam verfügen wir über 100 Jahre Berufserfahrung und darauf ruhen wir uns nicht aus. Im Gegenteil, die Neugier auf Neues wächst immer weiter“, schwärmt Wönne. „Mit jedem Stück, das wir kreieren, wollen wir jemanden glücklich machen und nehmen uns die Zeit, jeden noch so außergewöhnlichen Wunsch zu erfüllen. Deshalb tauschen wir uns aus.“ Beide haben nicht nur minimalistische Werkzeuge, sondern auch einen winzigen Stempel, der sorgfältig in ihre Schätze punziert ist. Das einzige, was sie seit dem Einzug ins Aurum noch nicht erreicht haben, sind Eigenkreationen. Beide schauen von ihrer Werkbank auf, schauen sich in die Augen und lachen. "Das kommt bestimmt bald. Wenn es soweit ist."